Ein Exkurs ins Politische
In diesem Artikel möchte ich einen Schwenk ins Politische machen, denn ich persönlich halte von dem nächsten Meilenstein nach Einführung der elektronischen Rechnung herzlich wenig. Es handelt sich um nichts weniger als eine umfassende Totalüberwachung sämtlicher wirtschaftlicher Aktivität eines Jeden, der in Deutschland gegen eine Rechnung Güter oder Leistungen erwirbt. Das steht in keinem Verhältnis zu dem erklärten Ziel, den Umsatzsteuerbetrug - soweit er überhaupt stattfindet - zu reduzieren. Um zu erklären, warum das so ist, muss ich etwas weiter ausholen. Wer nur an der Umsetzung der E-Rechnung interessiert ist, kann diesen Artikel getrost überspringen und gleich im dritten Teil weiterlesen.
Der Staat hat bei der E-Rechnung einen etwas längeren Planungshorizont. Sie ist ein notwendiges Puzzlestück des ViDA-Pakets (VAT in the Digital Age - Mehrwertsteuer im digitalen Zeitalter) der EU-Kommision. Die IHK München hat dieses Massnahmenpaket, das auf eine erhebliche, EU-weite Verschärfung des Umsatzsteuerrechts hinausläuft, in einem Artikel recht ausführlich zusammengefasst.
Ich möchte an dieser Stelle nur die Rolle herausgreifen, die die elektronische Rechnung spielen wird:
Die Einführung eines digitalen Reportings von Einzeltransaktionen in Echtzeit auf Basis einer verpflichtenden elektronischen Rechnungsstellung für Unternehmen, die in der EU grenzüberschreitend tätig sind, bei gleichzeitiger stärkerer Harmonisierung des Rechtsrahmens für nationale Transaktionen („Digitale Meldesysteme/E-Rechnung:)
Ähnlich wie es bei den Transaktionsdaten von Registrierkassen bereits der Fall ist, sollen auch sämtliche Rechnungen sofort online an die Finanzämter übermittelt werden. Im Falle Deutschlands wird es nicht bei der Beschränkung auf "grenzüberschreitend tätige" Unternehmen bleiben, denn die Bundesregierung hat bereits einen Durchführungsbeschluss vom EU-Rat erwirkt, der ihr erlaubt
eine obligatorische elektronische Rechnungsstellung für alle Umsätze einführen zu können, die zwischen im Hoheitsgebiet Deutschlands ansässigen Steuerpflichtigen bewirkt werden
Dies ist durch das Wachstumschancengesetz nun zumindest teilweise (zunächst nur für den B2B-Verkehr; noch sind also steuerpflichtige Nichtunternehmer als Rechnungsempfänger nicht betroffen) als deutsches Gesetz umgesetzt worden. In Absatz (4) findet sich die Absichtserklärung zur Einführung eines Meldesystems:
Deutschland beabsichtigt die Sondermaßnahme als ersten Schritt eines umsatzbasierten Meldesystems einzuführen. [...] Darüber hinaus geht Deutschland davon aus, dass durch zeitnahen Zugang zu Rechnungsdaten die Notwendigkeit einer mit mehr Bürokratie verbundenen Anforderung von Rechnungen durch die Steuerbehörden vermieden und die Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs erleichtert würde.
Der zweite Satz impliziert, dass sämtliche Rechnungen in elektronischer, maschinenlesbarer Form beim Staat vorliegen werden oder für den Staat zumindest automatisiert zugreifbar sind. Dies stellt ein erhebliches Datenschutz- und Missbrauchsrisiko dar, denn auf diese Weise werden sämtliche im Land anfallenden Rechnungen zentral an einer Stelle gesammelt, maschinell ausgewertet und vermutlich lange aufbewahrt. Da es sich um Rechnungen handelt, ist - anders als beim Kassenbeleg - immer auch der Rechnungsempfänger mit Name und Adresse im Datensatz enthalten. Auch sämtliche erworbenen Güter und Dienstleistungen sind - ebenfalls in maschinenlesbarer Form - inklusive Mengenangaben aufgelistet.
Das wird jeden von uns auch privat betreffen, denn der Staat wird dadurch für jeden Bürger eine mehr oder weniger vollständige (mit Ausnahme von Bartransaktionen bei denen der Empfänger der erworbenen Güter nicht namentlich bekannt ist), jederzeit durchsuchbare Historie aller ab dem Einführungszeitpunkt dieser Meldepflicht gekauften Gegenstände führen. Im geschäftlichen Bereich wird jedes Unternehmen, das dieser Pflicht zur Rechnungsübermittlung nachkommen muss, zum Erfüllungsgehilfen dieser Totalüberwachung aller seiner Kunden.
Auch für Unternehmer, die meinen gegenüber dem Staat nichts zu verbergen zu haben, ergibt sich aus diesem Datenbestand ein erhebliches Sicherheitsrisiko: sämtliche Transaktionen im Ein- und Verkauf werden in dieser Datenbank ausserhalb der Kontrolle des Unternehmens gehalten. Sollten diese Daten jemals ganz oder teilweise abhanden kommen ist der Wirtschaftsspionage Tür und Tor geöffnet. Ein Konkurrent mit Zugriff auf diese Daten und damit dem Wissen um Einkaufspreise, Verkaufspreise und Auftragsvolumen kann zum Beispiel das betroffene Unternehmen gezielt unterbieten und in die Insolvenz treiben oder mit dem Ziel einer feindlichen Übernahme schwächen.
Angesichts des ViDA-Planungshorizonts von 2028 wird vermutlich kurz- bis mittelfristig ein Gesetz auf den Weg gebracht werden, das diese Meldepflicht einführt. Ich finde ich bin es es meinen Mitbürgern und Kunden schuldig, mich an der Diskussion um dieses Gesetz zu beteiligen und es hoffentlich zu stoppen, es im Hinblick auf die Datensparsamkeit deutlich zu verbessern oder wenigstens eine öffentliche Diskussion darüber anzustoßen. Denn nach aktuellem Stand wird mit diesem Gesetz ein Datenbestand geschaffen, von dem die Stasi nur hätte träumen können.
Dieser Artikel ist mein erster Beitrag zu dieser Diskussion. Denn im Rahmen meiner Recherchen musste ich feststellen, dass bisher abseits der Fachpresse und der Organe von Interessenverbänden (wie der IHK München) so gut wie keine öffentliche Diskussion dieser Bestrebungen stattfindet.
E-Rechnung für alle meine Kunden
Ich helfe selbstverständlich allen meinen Kunden bei der Umstellung auf die E-Rechnung. Unabhängig davon, ob Sie meine Ablehnung eines solchen Meldesystems teilen oder nicht entwickle ich eine für die Bedürfnisse Ihres Unternehmens maßgeschneiderte Lösung zur Umsetzung der E-Rechnung.
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